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Gerinnungshemmung bei Vorhofflimmern

Gut - Besser - Am Besten © bluedesign | stock.adobe.comVorhofflimmern (VHF) ist schon jetzt häufig – ca. 1,8 Mio Menschen in Deuschland leiden an dieser Form der Herzrhythmusstörung [1] – und die Diagnosezahlen steigen, vermutlich bedingt durch höheres Durchschnittsalter der Gesellschaft, längeres Überleben bei Herzerkrankungen, die ein VHF begünstigen, bessere Diagnostik und erhöhte Wahrnehmung der Erkrankung [2].
Weil das VHF das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, um den Faktor 5 erhöht, ist es wichtig, die Bildung von Blutgerinnseln durch eine gerinnungshemmende Therapie zu unterbinden, insbesondere dann, wenn Risikofaktoren vorliegen. Solche Faktoren werden im so genannten CHA2DS2-VASc Score erfasst.
Gerade ist die neue Leitlinie [3] veröffentlicht worden, an der erstmals neben Kardiologen auch Herzchirurgen und Schlaganfall-Experten beteiligt waren.

Vitamin K-Antagonist oder direktes orales Antikoagulanz?

Hauptpfeiler der gerinnungshemmenden Therapie bei VHF-Patienten bleiben Vitamin K-Antagonisten und die direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK). Die Hemmung der Thrombozytenaggregation mit ASS100 (und selbst die duale Hemmung mit ASS100 und Clopidogrel) ist den Vitamin K-Antagonisten sowohl hinsichtlich der Haupt- als auch der Nebenwirkungen unterlegen und wird daher nicht empfohlen.

Welches DOAK?

Bei der Auswahl des antikoagulierenden Wirkstoffs, also Vitamin K-Antagonist (Phenprocoumon oder Warfarin) versus Apixaban, Edoxaban, Rivaroxaban (alle drei direkte Faktor X-Inhibitoren) und Dabigatran (direkter Thrombininhibitor) liegen die DOAK in der Empfehlungsliste für die Neueinstellung erstmals vorn, weil sie in Studien seltener zu Schlaganfällen durch Hirnblutungen geführt und die Mortalität insgesamt stärker gesenkt haben. Voraussetzung ist allerdings, dass die Indikation für ein DOAK gegeben ist – für Patienten mit mechanischen Herzklappen-Prothesen sind nur Vitamin K-Antagonisten zugelassen. Wer gut auf einen Vitamin K-Antagonisten eingestellt ist, sollte dabei bleiben, wer darunter schlecht kontrollierbare INR-Werte hat, auf ein DOAK umgestellt werden.
Innerhalb der DOAK sollte die Auswahl nach Nierenfunktion (die geringste renale Clearance haben Apixaban und Rivaroxaban) und Interaktionen mit Begleitmedikation (Rivaroxaban-Abbau deutlich abhängig von CYP 3A4, Apixaban weniger, Edoxaban weitgehend unabhängig) erfolgen.
Darüber hinaus ist aktuell eine Meta-Analyse veröffentlicht worden, derzufolge Rivaroxaban den anderen DOAK hinsichtlich vaskulärer unerwünschter Vorkommnisse überlegen ist. In Bezug auf den Schlaganfall scheinen Apixaban und Rivaroxban besser zu sein als Dabigatran oder Edoxaban, Dabigatran wiederum scheint den anderen überlegen bei der Senkung der Mortalität sowie der Vermeidung von Blutungsereignissen und Herzinfarkten [4].
Für den Fall, dass zur Ersteinstellung alle DOAK in Frage kommen, könnten diese Daten zur individuell optimierten Wirkstoffauswahl, je nach Vorerkrankungen des Patienten, herangezogen werden.

Quellen

[1] M Kip et al., Weißbuch Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern, Thiemeverlag 2015
[2] RB Schnabel et al., Vorhofflimmern: Prävalenz und Risikofaktorenprofil in der Allgemeinbevölkerung. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(16): 293–9.
[3] 2016 ESC Guidelines for the management of atrial fibrillation developed in collaboration with EACTS.
[4] L Guo et al., Comparative Efficacy of Clinical Events Prevention of Five Anticoagulants in Patients with Atrial Fibrillation (A Network Meta-Analysis). Am J Cardiol 2016 (in press, 16.11.2016)
Bildnachweis: © bluedesign / Fotolia.com

2 Gedanken zu „Gerinnungshemmung bei Vorhofflimmern“

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