Eine Leberzirrhose hat Einfluss auf die hepatische Metabolisierung vieler Arzneistoffe und verändert daher deren Pharmakokinetik. Das heißt, in solchen Fällen müssen entweder Wirkstoffe mit leberunabhängiger Elimination gewählt oder die Dosierungen an die hepatische Clearance des Patienten angepasst werden.
Bei welchen Patienten in der Medikationsanalyse ein genauer Blick auf Leberwerte, Medikation und Dosierungen geworfen werden sollte, lässt sich an Indikator-Arzneimitteln erkennen, die zur Therapie der Folgekomplikationen der Leberzirrhose feststellen.
Folgen einer Leberzirrhose
Eine Zirrhose entsteht bei langfristiger Schädigung der Hepatozyten (z.B. durch Hepatitiden oder Alkohol.) Dabei wird funktionales Lebergewebe zunehmend durch Bindegewebe ersetzt. Dies geht mit erhöhtem Widerstand des zirrhotischen Lebergefäßsystems gegen den Blutfluss in der Portalvene einher. Wenn das überhandnimmt, kommt es zur Dekompensation:
Die portale Hypertonie setzt sich „rückwärts“ in die Gefäße des Gastrointestinaltrakts fort, die daraufhin Ösophagusvarizen bilden. Blutungen hieraus sind mit hoher Mortalität verbunden und erfordern daher Prävention. Im Versuch der Gegenregulation zur Entlastung des Portalsystems, entstehen a) der Aszites – eine umfangreiche Wasseransammlung im Bauchraum – und b) der portosystemische Shunt – zusätzliche Blutgefäße, die das Blut aus der Portalvene um die Leber herum direkt in die Vena cava inferior leiten. Insbesondere Ammoniak und Amine, die normalerweise in der Leber eliminiert werden, gelangen so in den Hauptkreislauf und ins Gehirn und können eine hepatische (oder portosystemische) Enzephalopathie verursachen. Entgegen der Erwartung und trotz meist erhöhtem INR-Wert ist bei Leberzirrhose nicht das Blutungs-, sondern das venöse Thromboembolierisiko erhöht.
Pharmakotherapie bei Leberzirrhose
Folgende Arzneimittel werden leitliniengerecht eingesetzt, um der Dekompensation vorzubeugen bzw. die Komplikationen zu behandeln:
Wirkstoff | Wirkungen |
Carvedilol, (Propranolol) | Senkung des portalen Drucks, Risikoreduktion für Folgekomplikationen |
Statine | Cholesterol-unabhängige antiinflammatorische und vasodilatierende Wirkungen in der Leber |
Spironolacton (bis 400mg/d), Eplerenon | Vermindert Aszites |
Furosemid, Torasemid | Hyperkaliämie unter K-sparenden Diuretika (leitliniengerechte Verordnungskaskade) |
Lactulose | Vermindert intestinale Ammoniaksynthese und -resorption |
Rifaximin | Vermindert intestinale Ammoniaksynthese und -resorption |
L-Ornithin-L-Aspartat | Erhöht den Ammoniakumsatz und senkt den Ammoniakspiegel |
LMWH, (DOAK, VKA) | Senkung des Risikos für Thromboembolien |
Als hilfreich bei Lebererkrankung werden Präparate mit Mariendistel, Artischocke, Löwenzahn beworben. Diesbezügliche Selbstmedikation oder entsprechende Fragen und Wünsche danach können ebenfalls ein Indikator sein.
Quellen
Biggins SW et al.: Diagnosis, Evaluation, and Management of Ascites, Spontaneous Bacterial Peritonitis and Hepatorenal Syndrome: 2021 Practice Guidance by the American Association for the Study of Liver Diseases. Hepatology 2021; 74(2):1014-1048
EASL Clinical Practice Guidelines on the management of hepatic encephalopathy. J Hepatol 2022; 77(3):807-824
Guixé-Muntet S, et al.: Pathophysiology and therapeutic options for cirrhotic portal hypertension. Lancet Gastroenterol Hepatol 2024; 9(7):646-663
Khaled NB et al.: Medikamentöse Therapie bei Patientenmit Leberzirrhose. Aktueller Stand und zukünftige Entwicklungen. Gastroenterologie 2022; 17:335–347
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