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Pharmakokinetik und Dosisanpassung bei Antikörpern

© David Clode | unsplash

Therapeutisch verwendete Antikörper finden sich in sehr unterschiedlichen Indikationen auf dem Markt. Da es sich um Makromoleküle handelt, unterliegen sie nicht denselben pharmakokinetischen Prozessen wie die niedermolekularen Wirkstoffe. Eine aktuelle Übersichtsarbeit [1] beschreibt, was der Körper mit diesen Therapeutika macht. Und beantwortet die Frage: Ist bei besonderen Patientengruppen möglicherweise die Dosis anzupassen?

Absorption

IgG können nicht p.o. gegeben werden, da sie im sauren Milieu und wegen der proteolytischen Enzyme im Magen nicht stabil sind. Die gängigsten Applikationswege sind daher die i.v.- und die s.c.-Gabe. Nach s.c.-Gabe werden die IgG langsam absorbiert: Es dauert etwa 2 bis 4 Tage, bis maximale Plasmakonzentrationen erreicht werden. Auch im subkutanen Gewebe sind proteolytische Enzyme zugegen, die die Bioverfügbarkeit senken. Dieser Prozess kann eine Sättigungskinetik aufweisen. Bei kritischen Indikationen, z.B. der Gabe von humanem IgG wegen eines Immundefekts, kann die Bioverfügbarkeit durch die gleichzeitige Gabe von Hyaluronidase erhöht werden, die die Gewebepermeabilität erhöht und die Absorption aus dem subkutanen Depot beschleunigt.

Distribution

Nach intravenöser oder subkutaner Gabe gelangt das IgG zunächst ins Plasma und anschließend (wie auch i.v.-applizierte IgG) in das Interstitium und die Gewebe. Die zugrundeliegenden Mechanismen sind konvektiver und rezeptorvermittelter Transport. Vor allem die Zellen der Niere, Leber, Lunge und Haut tragen Rezeptoren für den Fc-Teil des Antikörpers auf der Oberfläche, über die die IgG in Zellen aufgenommen werden. Auch das lymphatische System trägt zur Distribution bei. Die Blut-Hirn-Schranke können IgG nur begrenzt passieren. Im Liquor werden daher nur 0,1-1 % des IgG-Serumspiegels erreicht.

Elimination

Die klassischen renalen und hepatischen Eliminationswege für niedermolekulare Wirkstoffe spielen bei IgG keine Rolle: Die Moleküle sind etwa 150 kDa groß und gelangen daher nur in Form von Fragmenten in den Primärharn. Sie sind auch kein Substrat für die hepatischen Phase-I- und -II-Enzyme. Statt dessen stellt die o.g. rezeptorvermittelte Endozytose einen Eliminationsweg dar, ebenso wie die unspezifische Aufnahme durch Gewebe. Auch rezeptorvermittelte Prozesse sind sättigbar. Daher kann eine Dosiserhöhung zu einer nichtlinearen, überproportionalen Zunahme an Wirkung führen.

Besondere Patientengruppen

Für die Pharmakokinetik in besonderen Patientengruppen ist die Evidenz generell dünn. Vermutlich ist nach derzeitiger Datenlage und auf theoretischer Grundlage keine Dosisänderung nötig bei geriatrischen Patienten, Adipositas, Patienten mit Niereninsuffizienz oder eingeschränkter Leberfunktion.

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Quelle

[1] Mahmood I, Li Z.: Immunoglobulin therapies for primary immunodeficiency diseases (part 1): understanding the pharmacokinetics. Immunotherapy. 2024;16(13):879-894

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